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Brief für Unternehmer- und Freiberufler des Monats September 2011


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Solidaritätszuschlag ist nicht verfassungswidrig

2.

Geldwerter Vorteil bei verbilligter Wohnungsüberlassung und Rentenversicherungs-Zuschüssen

3.

"Whistleblowing" kann von Meinungsfreiheit gedeckt sein

4.

Geburtstagsfeiern mit Mitarbeitern/Geschäftspartnern in der Regel privat veranlasst

5.

Kein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn trotz "Praxisverkauf"

6.

Arbeitszimmer sind trotz privater Mitbenutzung steuerlich absetzbar

7.

Gründe für den Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers

8.

E-Bilanz: Pilotphase beendet, maximale Übergangszeit bis 1.1.2015

9.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Aktivierung von Forderungen

10.

Alkohol am Arbeitsplatz: Risiko für Versicherungsschutz und Hinterbliebenenrente

11.

Ein Buch als Kündigungsgrund?

12.

Grunderwerbsteuer in NRW und Rheinland-Pfalz steigt von 3,5 % auf 5,0 %

13.

ELENA-Verfahren steht vor dem Aus

14.

Schadensbegrenzung bei krankheitsbedingter Urlaubsabgeltung

15.

Telekom-Tarifvertrag gilt auch für ehemalige Postler

16.

Steuerhinterziehung: besonders schwerer Fall ist stets zu prüfen

17.

Gewinnvortrag und Jahresüberschuss keine nachträglichen Anschaffungskosten bei Veräußerung eines GmbH-Anteils

18.

Verjährung von Ansprüchen einer GbR gegen ausgeschiedenen Gesellschafter

19.

Müssen sich Betriebsratsmitglieder für jede Tätigkeit abmelden?



1. Solidaritätszuschlag ist nicht verfassungswidrig

Kernaussage
 Das Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 ist jedenfalls bis 2007 nicht verfassungswidrig. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollte der Solidaritätszuschlag zur Abdeckung der im Zusammenhang mit der deutschen Einheit entstandenen finanziellen Belastungen dienen. Dieser verfolgte Zweck ist auch nach der Laufzeit von bis dahin 13 Jahren nicht erreicht. Erst wenn der Zweck erreicht ist und die Abgabe zur Deckung einer dauerhaften Finanzierungslücke dient, kann der Solidaritätszuschlag verfassungswidrig werden.

Sachverhalt
 In den beiden Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hatten eine Rechtsanwältin und eine GmbH gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 bzw. 2007 geklagt. Die Klägerinnen vertraten die Auffassung, dass der Solidaritätszuschlag von Anfang an verfassungswidrig sei, mindestens aber durch Zeitablauf verfassungswidrig geworden ist. Die Finanzgerichte wiesen die Klagen jeweils ab. Auch vor dem BFH hatten die Klägerinnen keinen Erfolg.

Entscheidung
 Der Bund darf den Solidaritätszuschlag als sog. Ergänzungsabgabe zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer erheben. Die Abgabe höhlt wegen ihrer Höhe (Aufkommen im Jahr 2005 ca. 10,3 Mrd. EUR, im Jahr 2007 ca. 12,3 Mrd. EUR) nicht die dem Bund und den Ländern gemeinsam zustehende Einkommen- und Körperschaftsteuer aus, sondern steht hierzu in einem angemessenen Verhältnis. Das Solidaritätszuschlagsgesetz musste auch nicht von Anfang an befristet werden, die zu finanzierenden Aufgaben genau bezeichnen oder eine konkrete Zweckbindung der Einnahmen festlegen. Durch Zeitablauf ist das Solidaritätszuschlagsgesetz jedenfalls bis 2007 nicht verfassungswidrig geworden, denn an der Finanzierung der einigungsbedingten Lasten beteiligt sich der Bund bis zum Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019 mit weiter sinkenden Beträgen. Der mit der Einführung verfolgte Zweck ist daher weiterhin einschlägig. Von einer Deckung einer dauernden Finanzierungslücke ist zumindest bis zum Jahr 2007 nicht auszugehen.

Konsequenz
 Sofern Einsprüche gegen den Solidaritätszuschlag ab 2007 mit dem Antrag auf Ruhen des Verfahrens unter Hinweis auf die nunmehr vom BFH entschiedenen Verfahren eingelegt wurden, dürften diese nunmehr als unbegründet zurückgewiesen werden. Die Urteile verdeutlichen jedoch, dass der Solidaritätszuschlag zumindest zukünftig verfassungswidrig werden könnte.

2. Geldwerter Vorteil bei verbilligter Wohnungsüberlassung und Rentenversicherungs-Zuschüssen

Kernproblem
 Eine Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamts ist bei Kapitalgesellschaften genauso "wenig beliebt", wie die "normale" Außenprüfung im inhabergeführten Betrieb. Das liegt daran, dass auch hier den nahestehenden Personen (Geschäftsführern oder Vorstandsmitgliedern) besonders auf die Finger geschaut wird, denn diese unterliegen als steuerliche Arbeitnehmer der Lohnsteuer. So erging es auch einer Aktiengesellschaft (AG) im Zuständigkeitsbereich des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf, die sich mit einer Lohnsteuer-Haftungsschuld von über 1,2 Mio. EUR konfrontiert sah.

Sachverhalt
 Die AG sah sich in der Lohnsteuer-Außenprüfung 2 Vorwürfen ausgesetzt, die nach dem Willen des Finanzamts zu geldwerten Vorteilen führten. Der Witwe eines ehemaligen Vorstandsvorsitzenden wurde eine über 231 qm große Wohnung für eine Miete von etwa 100 EUR monatlich überlassen. Zu der Wohnung gehörten auch ein Schwimmbad mit Umkleide-, Sanitär- und Technikräumen sowie 2 Tiefgaragenstellplätze. Die AG ermittelte hierfür eine Kostenmiete von etwa 2.450 EUR monatlich (einschl. TG/Schwimmbad, darin 8 EUR/qm für die Wohnung) und führte dementsprechend den Lohnsteuerabzug durch. Ferner gewährte die AG 5 Vorstandsmitgliedern neben einer Pensionszusage Zuschüsse zu einer Rentenversicherung (freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. Versorgungswerk). Die Zuschüsse waren auf die Höhe der Arbeitgeberanteile bei gesetzlicher Rentenversicherungspflicht beschränkt. Bei 3 Betroffenen sollten spätere Rentenzahlungen auf Ruhegehälter der AG angerechnet werden. Die AG behandelte die Zuschüsse als steuerfrei. Das Finanzamt wollte die Miete nach der Mietrichtwerttabelle (ca. 11,50 EUR/qm) ansetzen und sah die Zuschüsse als steuerpflichtig an. So traf man sich vor dem FG.

Entscheidung
 Die AG obsiegte in voller Höhe beim Ansatz der Kostenmiete, ohne dass das FG hierzu weitere Ausführungen machen musste, denn man hatte sich in der mündlichen Verhandlung geeinigt. So bleibt die Erkenntnis, dass eine Kostenmiete zum Ansatz kommen kann, wenn eine realistische Marktmiete für teure Objekte nicht erzielbar ist. Hinsichtlich der Zuschüsse zur Rentenversicherung konnte sich die AG in 3 der 5 Fälle freuen. Zwar führe die Entrichtung der freiwilligen Beiträge grundsätzlich zu Arbeitslohn, weil der Arbeitnehmer einen eigenen Rechtsanspruch gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung erlange. Ein geldwerter Vorteil sei aber wegen eines eigenbetrieblichen Interesses zu verneinen, soweit die späteren Leistungen auf das Ruhegehalt aus der Pensionszusage angerechnet würden.

Konsequenz
 Die Aussagen zum eigenbetrieblichen Interesse bei Zahlung in die Rentenkasse unter Anrechnung auf Versorgungsbezüge des Arbeitgebers liegen im Trend der Rechtsprechung. Bereits 2006 hatte der Bundesfinanzhof bei einem Kirchenbeamten ebenso geurteilt.

3. "Whistleblowing" kann von Meinungsfreiheit gedeckt sein

Kernfrage
 Als Whistleblowing im Arbeitsrecht bezeichnet man die Information über Missstände beim oder über den Arbeitgeber. (Anonymes) Whistleblowing kann beim Arbeitgeber im Rahmen interner Compliance gewollt sein; oftmals informieren Arbeitnehmer aber externe Dritte (zum Beispiel Behörden) unmittelbar. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in einem Whistleblowing-Fall, über die Zulässigkeit einer deswegen ausgesprochenen Kündigung zu befinden, nachdem die deutschen Arbeitsgerichte und das Verfassungsgericht die Kündigung für rechtmäßig gehalten hatten.

Sachverhalt
 Die Klägerin war mittelbar beim Land Berlin als Altenpflegerin beschäftigt und hatte bereits mehrfach über Missstände in der Qualität der Pflege (zu wenig Personal, unzureichende Betreuung) informiert, die auch durch eine Medizinische Begutachtung der Einrichtung bestätigt wurden. Nachdem die Missstände nicht abgestellt wurden, erstattete sie Ende 2004 Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber wegen Betrugs. Er täusche eine qualitativ hochwertige Versorgung vor und lasse sich diese bezahlen, erbringe diese Leistung aber tatsächlich nicht. Darauf kündigte der Arbeitgeber fristlos.

Entscheidung
 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte - gegen die Entscheidungen der deutschen Gerichte, die er aufgrund fehlender Kompetenz aber nicht aufheben kann - einen Verstoß gegen die Freiheit der Meinungsäußerung fest und verurteilte den deutschen Staat zur Zahlung einer Entschädigung. Die Kündigung, die einen Eingriff in dieses Grundrecht darstelle, sei nicht gerechtfertigt. Zwar hätten die Vorwürfe rufschädigenden Charakter; es überwiege aber das öffentliche Interesse an der Offenlegung der Missstände, insbesondere im Bereich der institutionellen Altenpflege. Erschwerend für den Arbeitgeber komme im Falle der Klägerin hinzu, dass diese im Vorfeld bereits erfolglos informiert habe und nicht leichtfertig falsche Tatsachen behauptet habe.

Konsequenz
 Zwar hat die Entscheidung keine Auswirkungen mehr auf das deutsche Rechtsverfahren; sie dürfte aber Signalwirkung für das deutsche wie europäische Arbeitsrecht haben. In Zukunft wird man das Kündigungsinteresse des Arbeitgebers in Fällen des Whistleblowings regelmäßig an der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers sowie dem Grad der offen gelegten Missstände und den davon ausgehenden Gefahren zu messen haben.

4. Geburtstagsfeiern mit Mitarbeitern/Geschäftspartnern in der Regel privat veranlasst

Kernproblem
 Oftmals werden Bewirtungsaufwendungen im Zusammenhang mit persönlichen Ereignissen getätigt. Hierbei ist dann für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich auch von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt und ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter, Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige handelt. Bei der Bewirtung von Kollegen im Zusammenhang mit Feiern für Abschied, Jubiläum, Weihnachten, Jahresabschluss oder Versetzung sieht der Bundesfinanzhof (BFH) durchaus einen betrieblichen Charakter. Bei einem runden Geburtstag aber hört die Feierlaune beim Finanzamt auf.

Sachverhalt
 Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Ingenieurgesellschaft wurde 60 Jahre alt und ließ sich nicht lumpen. So lud er mit einem netten Vers die Mitarbeiter des Unternehmens in ein Burghotel zu einer Feier ein: "Wird Mann wird Frau bald 60 Jahre - es gilt für alle Jubilare: den Runden feiert man ganz groß, denn Kneifen ist charakterlos. Und dazu ist es angeraten, recht viele Gäste einzuladen. So ist es gute alte Sitte, der schöne Ruf sonst etwas litte". Zuletzt bat er die Kollegen im Schreiben auf dem Briefkopf des Unternehmens darum, ihn bei "diesem schweren Schritt" zu unterstützen. Dem Aufruf folgten 117 Personen, davon 18 Geschäftspartner und lediglich 6 Verwandte. Die große Beliebtheit des Geschäftsführers färbte jedoch nicht auf das Finanzamt ab, denn dieses wollte die Rechnung von über 6.000 EUR nicht als Werbungskosten anerkennen. So ging es zum Finanzgericht. Ob es dort weiterhalf, dass im gleichen Jahr seine 35jährige Betriebszugehörigkeit dazukam?

Entscheidung
 Das FG Münster nimmt u. a. den Einladungstext zum Anlass, eine private Veranlassung der Feier zu unterstellen. Denn hier fehlten ebenso Aussagen zur Betriebszugehörigkeit, wie auf der Gästeliste. Zudem wurde dem 60jährigen vorgehalten, in dem Einladungsschreiben persönlich (und nicht als Unternehmensvertreter) aufgetreten zu sein, Gästeliste und Inhalt der Einladung nicht mit den beiden anderen Geschäftsführern abgestimmt zu haben und die Veranstaltung nicht auf dem Betriebsgelände, sondern auf einer Burg (und dann noch mit überdurchschnittlich 55,43 EUR je Person) durchgeführt zu haben. Der Tatsache, dass außer 6 Verwandten nur Betriebsangehörige und Geschäftspartner an der Veranstaltung teilnahmen, wollte das FG nicht die gewünschte Bedeutung beimessen.

Konsequenz
 Ob das Urteil angesichts des mittlerweile aufgeweichten Aufteilungsverbots noch stimmig ist, erscheint fragwürdig. Will man Streit vermeiden, bietet der Einladungstext erste Möglichkeiten für einen günstigeren Ausgang.

5. Kein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn trotz "Praxisverkauf"

Kernproblem
 Veräußert ein Unternehmer seinen Betrieb, wird ein daraus entstehende Gewinn tarifbegünstigt besteuert, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber übertragen werden und damit die gewerbliche oder freiberufliche Betätigung des Veräußerers endet.

Sachverhalt
 Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie und Inhaber einer angemieteten Praxisklinik mit voll ausgestatteten Operationsräumen. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf die Durchführung von Kniegelenksoperationen. Er veräußerte die Praxis ohne das Inventar sowie seine Patientenkartei an einen Berufskollegen. Der Erwerber sollte auch in den bestehenden Mietvertrag für die Räume eintreten, was dieser aber ablehnte. Der Kläger eröffnete in der Nähe eine neue Privatpraxis, in der er sich schwerpunktmäßig der klassischen Orthopädie zuwandte. Operative Eingriffe in vermindertem Umfang führte der Kläger weiter in seinen alten Praxisräumen, deren Mietvertrag noch bestand, durch, da die neue Praxis selbst über keine Operationssäle verfügte. Das beklagte Finanzamt behandelte den Gewinn aus dem "Praxisverkauf" als laufenden Gewinn mit der Begründung, der Kläger gehe weiterhin der gleichen freiberuflichen Tätigkeit nach und habe diese nicht in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis eingestellt.

Entscheidung
 Das Finanzgericht (FG) Hamburg folgte der Ansicht des Finanzamtes. Die begünstigte Veräußerung einer Praxis setzt voraus, dass alle wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen auf den Erwerber übertragen werden. Hierzu zählen in erster Linie die Beziehungen des Praxisinhabers zu seinen bisherigen Patienten. Eine Übertragung ist nur dann gewährleistet, wenn der Veräußerer seine Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungsfeld wenigstens für eine gewisse Zeit aufgibt und somit nicht in Konkurrenz zu der übertragenen Praxis tritt. Der Kläger hingegen eröffnete seine neue Praxis in unmittelbarer Nähe zur bisherigen Tätigkeitsstätte. Zudem veränderte er sein bisheriges Tätigkeitsfeld nicht grundlegend. Nach Auffassung des FG stellt der Wechsel von der operativen hin zur klassischen Orthopädie jedenfalls keine wesensmäßig veränderte Tätigkeit dar. Dass der Kläger seine Patientenkartei veräußert hat, reicht für die Annahme einer tarifbegünstigten Besteuerung des Gewinns nicht aus.

Konsequenz
 Eine tarifbegünstigte Betriebsveräußerung setzt nicht voraus, dass der Veräußerer im bisherigen räumlichen Wirkungsbereich jedwede unternehmerische oder freiberufliche Tätigkeit einstellt. Bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit muss diese aber von der bisherigen wesensverschieden sein. Die Rechtsprechung hat wesensverschiedene Tätigkeiten bei Ärzten z. B. nicht angenommen in Fällen eines Wechsels von einer allgemeinmedizinischen Praxis in eine Praxis für Naturheilkunde oder von einer Tätigkeit als Zahnarzt in den Bereich der Kieferchirurgie.

6. Arbeitszimmer sind trotz privater Mitbenutzung steuerlich absetzbar

Kernproblem
 Um die steuerliche Absetzbarkeit eines häuslichen Arbeitszimmers hat es bereits in der Vergangenheit häufig Streit gegeben. Das gilt erst recht, wenn das Arbeitszimmer nicht eindeutig den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist jedoch auch in diesen Fällen ein steuerlicher Abzug bis zu einem Betrag in Höhe von 1.250 EUR möglich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) muss das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich beruflich genutzt sein. Kritisch wurde es in der Vergangenheit immer dann, wenn das Arbeitszimmer räumlich nicht ausreichend von anderen privat genutzten Bereichen getrennt war. So konnten ein Fernseher oder eine Schlafcouch im Arbeitszimmer durchaus das Ende des steuerlichen Abzugs bedeuten. Schuld daran war das streng ausgelegte Aufteilungsverbot von gemischt veranlassten Aufwendungen. Dass hieran noch festgehalten werden kann, bezweifelt jetzt das Finanzgericht (FG) Köln.

Sachverhalt
 Der Betreiber einer Werkstatt nutzte einen Teil seines angemieteten Einfamilienhauses für Bürotätigkeiten und Kundenempfänge. Die betriebliche Nutzung beschränkte sich auf das Erdgeschoß, in dem er die Ecke eines Raums mit Schreibtisch und Büroregalen ausstattete. Der Raum war durch ein Regal von einem Bereich getrennt, in dem sich Sofa, Couch- und Esstisch, Stühle und Fernseher befanden. Daran grenzte die Küche, so dass anzunehmen war, es handele sich hierbei um das Wohnzimmer, zumal sich in den anderen Räumen des Hauses nur Schlafzimmer befanden. Das Finanzamt wollte daher den Abzug der Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht anerkennen und befand sich auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung, obwohl die betriebliche (Mit-)Benutzung unstreitig war.

Entscheidung
 Das FG Köln nimmt die Änderung der Rechtsprechung des BFH im Zusammenhang mit dem Abzug von gemischt veranlassten Reisekosten zum Anlass, auch im Streitfall einen Teilabzug der Kosten des Arbeitszimmers auszusprechen. So habe der BFH in seiner jüngsten Rechtsprechung den Grundsatz einer Aufteilung der Kosten geprägt und sich damit weg vom Aufteilungsverbot bewegt. Der abzugsfähige Anteil der Kosten sei ggf. zu schätzen. Im Zusammenhang mit der Aufteilung von Reisekosten hatte der BFH keine Bedenken geäußert, von einem hälftigen Abzug sämtlicher Kosten auszugehen, wenn kein anderer Aufteilungsmaßstab erkennbar sei. Dieser Aufteilung folgten die Finanzrichter jetzt auch im Fall des Arbeitszimmers.

Konsequenz
 Die Revision zum BFH wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (und ist bereits eingelegt), zumal das FG Baden-Württemberg vor kurzem eine Aufteilung rechtskräftig abgelehnt hatte. Die Tendenz der Rechtsprechung bleibt aber erfreulich, denn die Abkehr vom Aufteilungsverbot setzt sich fort.

7. Gründe für den Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers 

Rechtslage
 Bei der Bestellung einer natürlichen Person zum Geschäftsführer einer GmbH hat diese in der Anmeldung zum Handelsregister zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung entgegenstehen (§ 6 Abs. 2 GmbHG). Als Geschäftsführer ist generell ungeeignet, wer wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Katalog- Straftaten (z. B. Insolvenzstraftaten) in den letzten 5 Jahren rechtskräftig verurteilt wurde. Zur Bestimmung dieser 5-Jahresfrist ist die Rechtskraft des Urteils maßgeblich. Jede Bestellung zum Geschäftsführer in diesem Zeitraum ist unheilbar wirkungslos. Jede nach Bestellung zum Geschäftsführer eintretende Amtsunfähigkeit führt zum sofortigen Amtsverlust.

Sachverhalt
 Eine GmbH meldete die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers zur Eintragung ins Handelsregister an. Dieser versicherte in der notariell beurkundeten Anmeldung, dass keine Umstände vorlägen, aufgrund derer er nach den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes von dem Amt als Geschäftsführer ausgeschlossen wäre. In der Anmeldung hieß es wörtlich: "Während der letzten 5 Jahre erfolgte im Inland (bzw. im Ausland wegen mit nachstehenden Taten vergleichbaren Straftaten) keine Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten….". Das Registergericht verweigerte die Eintragung, weil die Versicherung nicht auf den später liegenden Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft einer erfolgten Verurteilung abstellte. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel hatten keinen Erfolg.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Rechtsbeschwerde zurück. Geschäftsführer kann nicht sein, wer wegen einer oder mehrerer im GmbH-Gesetz genannten Straftaten verurteilt worden ist. Dieser Ausschluss von 5 Jahren gilt seit Rechtskraft des Urteils. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, dem damit verbundenen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufswahl und Berufsausübung sowie aus verfassungsrechtlichen Gründen der Unschuldsvermutung. In der Formulierung der Versicherung muss sich niederschlagen, dass das Bestellungshindernis zeitlich an die Rechtskraft der Verurteilung anknüpft.

Konsequenz
 In der Formulierung der Versicherung des Geschäftsführers sollte stets aufgenommen werden, dass keine "rechtskräftige" Verurteilung erfolgte oder der Geschäftsführer "noch nie" wegen der genannten Straftaten verurteilt wurde.

8. E-Bilanz: Pilotphase beendet, maximale Übergangszeit bis 1.1.2015

Grundlage der E-Bilanz
 Das Steuerbürokratieabbaugesetz sieht die elektronische Übermittlung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung für Wirtschaftsjahre ab 2011 vor. Hierfür wurde eine Taxonomie entwickelt, die ein amtliches Datenschema für Jahresabschlussdaten darstellt. Von Februar bis April 2011 wurde eine Pilotphase durchgeführt, deren Ergebnisse am 16.8.2011 vorgestellt werden sollen.

Problem

Der Anwendungszeitpunkt wurde bereits aufgrund von organisatorischen und technischen Bedenken, die gegen eine Einführung der E-Bilanz ab 2011 sprachen, um ein Jahr verschoben. Am 1.7.2011 wurde ein überarbeiteter Entwurf des Anwendungsschreibens zur E-Bilanz veröffentlicht, der neue zeitliche Regelungen enthält.

Zeitliche Anwendung
 Die Inhalte der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung sind grundsätzlich erstmals für das Kalenderjahr 2012 (Erstjahr) sowie bei einem vom Kalender abweichendem Wirtschaftsjahr für das Wirtschaftsjahr 2012/2013 (Erstjahr) durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Im Erstjahr wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung weiterhin in Papierform abgegeben werden. Die Entwurfsfassung enthält darüber hinaus eine Härtefallregelung, die eine elektronische Übermittlung erst für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2014 beginnen, vorsieht. Diese gilt allerdings nur für inländische Unternehmen, die ausländische Betriebsstätten haben, für ausländische Unternehmen, die inländische Betriebsstätten haben sowie für steuerbegünstigte Körperschaften (z. B. Vereine) und juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Betrieben gewerblicher Art. Für die Übergangszeit sind deren Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnungen in Papierform abzugeben.

Konsequenz
 Die Vorbereitungen für die Einführung der E-Bilanz sollten trotz eines weiteren Verschonungsjahres (bzw. 3 Jahre für o. g. Unternehmen) nicht zu weit hinausgeschoben werden. Nach der Präsentation der Ergebnisse der Pilotphase am 16.8.2011 könnte die Verabschiedung der Entwurfsfassung des Anwendungsschreibens zur E-Bilanz erfolgen.

9. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Aktivierung von Forderungen

Kernaussage
 Gewinne sind in der Handels- und Steuerbilanz nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Danach sind Forderungen aus Lieferungen und Leistungen u. a. dann auszuweisen, wenn die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann.

Sachverhalt
 Der Kläger, ein Versicherungsmakler, ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Mit einer Versicherungsgesellschaft hatte er einen Vertrag über Rückprämien bei günstigem Schadensverlauf abgeschlossen. Danach stand ihm für die von ihm vermittelten Kraftfahrzeug-Versicherungen ein Anspruch auf eine Prämie zu, wenn die Gesamtschadensquote 50 % nicht überschritt. Die Abrechnung und Auszahlung erfolgten jeweils im Folgejahr. Für das Streitjahr 2001 ergab sich eine Schadensquote von 43 %. Die Rückprämie wollte der Kläger erst im Folgejahr als Einnahme erfassen. Das beklagte Finanzamt aktivierte die Forderung aber bereits zum Stichtag des abgelaufenen Jahres. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Finanzgericht erfolglos; der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte die Auffassung der Vorinstanz.

Entscheidung
 Der BFH führt aus, dass es für die Gewinnrealisierung ohne Bedeutung ist, ob am Bilanzstichtag bereits eine Rechnung erteilt worden ist oder ob die geltend gemachten Ansprüche erst noch abgerechnet werden. Im Streitfall war die wesentliche wirtschaftliche Ursache für das Entstehen des Anspruchs des Klägers auf Rückprämie darin zu sehen, dass die Gesamtschadensquote von 50 % nicht überschritten wurde. Dass diese Bedingung eingetreten ist, steht objektiv zum Ablauf des Bilanzstichtages fest. In seinem Entschluss stützt sich der BFH auf ein bereits von ihm entschiedenes Urteil, in dem die Ansprüche der Inhaber von Urheberrechten gegen die GEMA bereits in demjenigen Wirtschaftsjahr zu aktivieren sind, in dem die Aufführung eines urheberrechtlich geschützten Werkes stattfindet.

Konsequenz
 Die vertraglichen Regelungen geben im Streitfall bereits einen Hinweis auf das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen am Bilanzstichtag und auf die Entstehung einer Forderung vor. Die Abrechnung im Folgejahr stellt lediglich eine subjektive Aufhellung dar.

10. Alkohol am Arbeitsplatz: Risiko für Versicherungsschutz und Hinterbliebenenrente

Kernfrage/Rechtslage
 Arbeitsunfälle, einschließlich Unfällen auf dem Weg zur und von der Arbeit, sind über die gesetzliche Unfallversicherung versichert. Das Landessozialgericht Darmstadt hatte in einem besonders schwerwiegenden Fall des Alkoholkonsums während der Arbeit darüber zu befinden, ob der Versicherungsschutz insgesamt verweigert werden kann, wenn den Arbeitnehmer die alleinige Schuld am Unfall trifft.

Sachverhalt
 Ein Arbeitnehmer hatte zum Zeitpunkt seines tödlichen Unfalls auf der Heimfahrt von der Arbeit 2,2 Promille Alkohol im Blut, war also absolut fahruntüchtig. Beim Arbeitgeber galt ein Alkoholverbot. Die Ermittlungen ergaben, dass allein die absolute Fahruntüchtigkeit Unfallursache gewesen war. Aufgrund dieser Tatsache wurden der Familie die Leistungen aus der gesetzlichen Hinterbliebenenversorgung (Unfallversicherung) versagt. Hiergegen wandte sich die Ehefrau, insbesondere mit der Begründung, dass es im Betrieb üblich gewesen sei, Alkohol zu trinken.

Entscheidung
 Das Landessozialgericht Darmstadt wies die Klage ab, ließ allerdings die Revision zum Bundessozialgericht zu. Es sei zulässig, die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung insgesamt zu versagen, wenn ein Alleinverschulden des Arbeitnehmers an dem Unfall vorliege. Auch der Arbeitgeber könne nicht mit zur Verantwortung gezogen werden, da der Genuss von Alkohol stets eine private Entscheidung des eigenverantwortlich handelnden Versicherten sei und der Alkoholkonsum nicht zu einer betrieblichen Tätigkeit gehöre. Im Übrigen seien im Betrieb auch nur alkoholfreie Getränke angeboten worden. Eine Pflicht des Arbeitgebers zum Unterbinden von Alkoholkonsum bestehe nicht.

Konsequenz
 Die Revision bleibt abzuwarten. Nicht ausgeurteilt, aber wohl anders zu entscheiden, ist der Fall, wenn es sich um einen alkoholkranken Arbeitnehmer handelt. Inwieweit und in welchem Grad hier eine Mitverursachung durch Dritte anzunehmen wäre, die dann jedenfalls nicht zum vollen Verlust der Ansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung führen würde, bleibt ebenfalls abzuwarten. Einstweilen verbleibt es dabei, dass die Alleinverantwortung für einen Unfall zum vollständigen Verlust der gesetzlichen Versicherungsansprüche führen kann.

11. Ein Buch als Kündigungsgrund?

Rechtslage
 Wenn Arbeitnehmer Bücher schreiben und diese einen engen Bezug zum Arbeitsplatz aufweisen, besteht die Gefahr, dass das Arbeitsverhältnis empfindlich gestört wird. Die (vermeintliche) Kunstfreiheit steht dann im direkten Gegensatz zum Betriebsfrieden. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte in einer solchen Konstellation zu dem Buch "Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht" zu entscheiden.

Sachverhalt
 Ein seit langem beschäftigter Arbeitnehmer, und Mitglied des Betriebsrats des Unternehmens, hatte einen Roman über den Arbeitsalltag geschrieben. Dabei hatte er unter anderem einem "fiktiven" Kollegen Rauschmittelkonsum vorgeworfen, den "fiktiven" Juniorchef als entscheidungsunwilligen Feigling tituliert und der "fiktiven" Chefin die intellektuelle Kapazität abgesprochen. Sein Buch bot er Kollegen während der Arbeitszeit zum Kauf an. Nachdem der Arbeitgeber hiervon und vom Inhalt des Buches Kenntnis erlangt hatte, kündigte er das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrats fristlos. Zur Begründung verwies er darauf, dass der Roman beleidigende, sexistische und ausländerfeindliche Inhalte habe, die Romanfiguren tatsächlichen Personen nachempfunden gewesen seien und durch das Buch der Betriebsfrieden unwiederbringlich zerstört worden sei. Allerdings musste der Arbeitgeber einräumen, dass die im Roman überspitzt dargestellten Verhältnisse nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprachen. Der Arbeitnehmer berief sich auf die Kunstfreiheit und erhob Kündigungsschutzklage.

Entscheidung
 Das Gericht gab dem Arbeitnehmer Recht, ließ jedoch angesichts des Spannungsfeldes zwischen Betriebsfrieden einerseits und Kunstfreiheit andererseits ausdrücklich die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. In seiner Begründung stellte das Gericht darauf ab, dass es sich um einen fiktiven Roman handele und selbst der Arbeitgeber eingestehen müsse, dass die Verhältnisse überspitzt gezeichnet seien. Die Kunstfreiheit überwiege, zumal erst dann nicht mehr von einem fiktiven Roman ausgegangen werden könne, wenn alle Eigenschaften einer Romanfigur dem tatsächlichen Vorbild entsprächen.

Konsequenz
 Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wird mit Spannung abzuwarten sein. Insbesondere die Tatsache, dass der Betriebsrat seine Zustimmung zur fristlosen Kündigung gegenüber einem seiner Mitglieder erteilt hatte, dürfte den Schluss zulassen, dass wenigstens betriebsintern jeder wusste, wer gemeint war. Auch wenn die Kunstfreiheit durch das Grundgesetz garantiert ist, wird man sich fragen müssen, ob guter Geschmack und Umgang im Arbeitsverhältnis nicht doch Berücksichtigung finden sollten.

12. Grunderwerbsteuer in NRW und Rheinland-Pfalz steigt von 3,5 % auf 5,0 %

Hintergrund
 Die Grunderwerbsteuer wird von den einzelnen Bundesländern erhoben. Sie besteuert Rechtsvorgänge über inländische Grundstücke, soweit diese Rechtsgeschäfte darauf gerichtet sind, das Eigentum am Grundstück oder eine eigentümerähnliche Stellung zu erlangen. Der Grunderwerbsteuer unterliegen Kaufverträge und sonstige Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründen. Solche sonstigen Rechtsgeschäfte sind z. B. das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren oder die Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft durch Übergang von mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter. Steuerschuldner sind die am Erwerbsvorgang beteiligten Personen; meist wir in der Praxis die alleinige Entrichtung der Grunderwerbsteuer durch den Erwerber vereinbart. Der Notar muss die von ihm beurkundeten Grundstückskaufverträge dem Finanzamt anzeigen, das sodann die Grunderwerbsteuer festsetzt. Die Länder NRW und Rheinland-Pfalz verbuchen jährlich jeweils rd. 200 Mio. EUR an Einnahmen durch diese Steuer.

Erhöhung der Grunderwerbsteuer
 Die Grunderwerbsteuer beträgt in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz derzeit noch 3,5 % von der Gegenleistung (Kaufpreis). In beiden Landtagen wird allerdings aktuell über eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer diskutiert. Ein Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen in NRW sieht für alle ab dem 1.10.2011 verwirklichten Erwerbsvorgänge eine Erhöhung von 3,5 % auf 5,0 % vor. In Rheinland-Pfalz soll die Grunderwerbsteuer erst zum 1.3.2012 um eineinhalb Prozent auf dann 5,0 % steigen. Es gilt als überwiegend wahrscheinlich, dass die Gesetzesvorhaben zeitnah umgesetzt werden.

Ausblick
 Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer dient in erster Linie dem Ausgleich der angespannten Haushaltslagen in den beiden Bundesländern. Das Finanzministerium Rheinland-Pfalz erklärte, bewusst nicht den Jahresbeginn als Stichtag für die Erhöhung gewählt zu haben, um dem Steuerbürger entsprechend Zeit zu geben, sich auf die veränderten Umstände einzustellen. So viel Zeit wird den Steuerpflichtigen in NRW nicht bleiben. Hier gilt es, geplante Grundstücksverkäufe, Anteilsübertragungen oder Umstrukturierungsvorgänge unter Einbeziehung von grundstücksbesitzenden Gesellschaften zeitlich vorzuziehen und vor dem 1.10.2011 umzusetzen.

13. ELENA-Verfahren steht vor dem Aus

Hintergrund
 Mit dem elektronischen Entgeltnachweisverfahren (ELENA) wurden seit 2009 bisher alle Arbeitnehmer jeden Monat verpflichtet, neben den Meldungen für die Lohnsteuer und zu den Sozialversicherungsträgern, eine große Anzahl weiterer, auch persönlicher Daten, elektronisch mitzuteilen. Dabei war ohne Bedeutung, ob die mitgeteilten Daten überhaupt einmal benötigt würden. Zweck des Verfahrens war der Aufbau einer der größten Datenspeicher Deutschlands. Bis zuletzt bestanden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens; das Bundesverfassungsgericht musste sich mit einer Vielzahl von Verfassungsbeschwerden gegen ELENA befassen.

ELENA-Verfahren wird eingestellt
 Die Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie sowie für Arbeit und Soziales haben sich im Juli 2011 geeinigt, das ELENA-Verfahren schnellstmöglich endgültig einzustellen. Begründet wird dies in erster Linie mit der fehlenden Verbreitung der qualifizierten elektronischen Signatur. Es hatte sich herausgestellt, dass dieser für das ELENA-Verfahren datenschutzrechtlich gebotene Sicherheitsstandard in absehbarer Zeit nicht flächendeckend hätte verbreitet werden können. Dies wäre aber entscheidend für den Erfolg des Verfahrens gewesen.

Ausblick
 Die Bundesregierung wird nunmehr dafür sorgen müssen, dass die bisher gespeicherten Daten unverzüglich gelöscht und die Arbeitgeber von den bisher bestehenden Meldepflichten entlastet werden. Dazu muss zunächst ein entsprechender Gesetzesentwurf vorgelegt werden, was in Kürze geschehen soll. Denn das Verfahren ELENA wird erst dann eingestellt und die gespeicherten Daten werden erst dann gelöscht, wenn es dafür eine entsprechende gesetzliche Grundlage gibt. Trotzdem soll die Datenerhebung nicht umsonst gewesen sein: das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigte an, ein Konzept zu entwickeln, um die bereits bestehende Infrastruktur von ELENA und das erworbene Know-how für ein einfacheres und unbürokratisches Meldeverfahren in der Sozialversicherung zu nutzen.

14. Schadensbegrenzung bei krankheitsbedingter Urlaubsabgeltung

Kernfrage
 Urlaubsansprüche, jedenfalls die gesetzlichen Mindestansprüche, die ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht geltend machen kann, bleiben erhalten und sind abzugelten; so der Europäische Gerichtshof (EuGH). Darüber hinaus entsteht der Urlaubsanspruch auch dann, wenn ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist, so das Bundesarbeitsgericht (BAG). Damit werden Urlaubsansprüche von langzeiterkrankten Arbeitnehmern zu einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko für die Arbeitgeber. Beim Europäischen Gerichtshof ist jetzt ein Verfahren anhängig, in dem zu klären ist, ob diese sich perpetuierende Kette von wachsenden und im Zweifel abzugeltenden Urlaubsansprüchen von Langzeiterkrankten begrenzt werden kann. Die Generalanwältin beim EuGH hat sich dafür ausgesprochen.

Sachverhalt
 Der Kläger des deutschen Ursprungsverfahrens war 2002 nach einem Infarkt arbeitsunfähig erkrankt; allerdings einigten sich die Parteien erst 2008 auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eingeklagt hatte er die Abgeltung der Urlaubsansprüche für die Jahre 2002 bis 2008. Das zuständige Landesarbeitsgericht legte nun dem Europäischen Gerichtshof die Fragen zur Entscheidung vor, ob das Europäische Recht eine Ansammlung von Urlaubsabgeltungsansprüchen über mehrere Jahre hinweg gebiete und ob es den Mitgliedstaaten gestattet sei, eine zeitliche Begrenzung für diese Ansprüche von 18 Monaten vorzusehen.

Die Auffassung der Generalanwaltschaft
 Zwar lehnt es die Generalanwaltschaft (wie der Europäische Gerichtshof auch) ab, dass Urlaubsabgeltungsansprüche langzeiterkrankter Arbeitnehmer insgesamt verfallen können. Sie hält aber eine zeitliche Begrenzung des Anwachsens solcher Ansprüche auf 18 Monate für zulässig. Eine entsprechende zeitliche Begrenzung stehe im Einklang mit Unionsrecht und schütze den Arbeitnehmer ausreichend. In Ermangelung einer europäischen Regelung sei es daher den Mitgliedstaaten möglich, entsprechende Begrenzungsregelungen vorzusehen.

Hintergrund
 Die Auffassung der Generalanwältin ist zu begrüßen; ob der Europäische Gerichtshof ihr folgt, bleibt abzuwarten. Denn in seiner Entscheidung wird sich das Gericht mit der deutschen Urlaubssystematik beschäftigen müssen. Insbesondere wird er sich wohl zu Fragen der Abgrenzung von Erholungs- und Krankheitsurlaub sowie zu Fragen der Grenzen für die Abgeltung gesetzlicher Urlaubsansprüche im Fall der Beendigung von Arbeitsverhältnissen äußern müssen.

15. Telekom-Tarifvertrag gilt auch für ehemalige Postler

Kernfrage
 Verweisen Arbeitsverträge auf Tarifverträge und kommt es während der Dauer des Arbeitsverhältnisses dazu, dass dieses vom ursprünglichen Arbeitgeber auf einen anderen Arbeitgeber übergeht, stellt sich regelmäßig die Frage, wie die ursprüngliche Verweisnorm zu verstehen ist. Möglich sind einfache Bezugnahmen, die in der Regel dazu führen, dass alte Tarifverträge erhalten bleiben, weil der neue Arbeitgeber Tarifnachfolger wird. Denkbar sind aber auch Wechsel im anwendbaren Tarifvertrag. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr zur Auslegung solcher Bezugnahmeklauseln in einem Fall zu entscheiden, in dem der ursprüngliche Arbeitsvertrag 27 Jahre zuvor geschlossen worden war.

Sachverhalt
 Der Kläger war seit 1980 bei der Deutschen Bundespost und später nach deren Privatisierung im Jahre 1995 bei der Telekom beschäftigt. Aufgrund einer Verweisung in seinem ursprünglichen Arbeitsvertrag fanden die Tarifverträge der Bundespost Anwendung, später wurden die Tarifverträge der Telekom auf das Arbeitsverhältnis angewendet. Schließlich ging das Arbeitsverhältnis des Klägers 2007 im Rahmen eines Teilbetriebsübergangs auf eine Tochtergesellschaft der Telekom über, die lediglich ihren Haustarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwandte. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass der Tarifvertrag der Telekom im Zeitpunkt des Teilbetriebsübergangs auf ihn anzuwenden sei und bekam Recht.

Entscheidung
 Nach Ansicht der Richter ergibt sich die Tatsache, dass die Tarifverträge der Telekom und nicht der (schlechtere) Haustarifvertrag der Tochtergesellschaft auf den Kläger anzuwenden sind, aus der Verweisklausel seines ursprünglichen Arbeitsvertrags mit der Bundespost. Diese erfasse im Wege der Vertragsauslegung auch die Tarifverträge der Telekom, weil sie im Rahmen der Privatisierung Tarifnachfolger der Bundespost geworden sei. Nicht mehr möglich sei es aber, die ursprüngliche Verweisungsklausel dahingehend auszulegen, dass auch Tarifverträge von Tochtergesellschaften zur Anwendung gelangten. Dies sei bei der Privatisierung gar nicht abzuschätzen gewesen. Im Übrigen sei es nicht möglich, die reine Verweisklausel in eine Tarifwechselklausel umzudeuten.

Konsequenz
 Die Entscheidung zeigt die Bedeutung von Verweisklauseln in Arbeitsverträgen. Die Problematik ist offensichtlich nicht nur auf ehemalige Staatsbetriebe beschränkt. Vergleichbare Situationen der Tarifnachfolge können auch eintreten, wenn Unternehmen umgewandelt werden.

16. Steuerhinterziehung: besonders schwerer Fall ist stets zu prüfen

Kernaussage
 Steuerhinterziehung wird bestraft mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren. In besonders schweren Fällen reicht die Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren; Geldstrafe kommt nicht mehr in Betracht. Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn gesetzlich normierte Regelbeispiele verwirklicht sind, d. h. z. B. Steuern in großem Ausmaß oder unter Verwendung falscher Belege hinterzogen werden (§ 370 Abs. 3 AO). Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in 2008 das Merkmal "großes Ausmaß" ausgelegt und dafür 2 Betragsgrenzen bestimmt: hat der Täter lediglich das Finanzamt über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch den staatlichen Steueranspruch gefährdet, ist das Merkmal bei einer Hinterziehung von 100.000 EUR erfüllt. Erlangt der Täter ungerechtfertigt Zahlungen vom Finanzamt, liegt die Betragsgrenze bei 50.000 EUR. Dazu entschied der BGH nun, dass die Urteilsbegründung bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung ergeben muss, ob Steuern in großem Ausmaß verkürzt wurden und weshalb trotz Vorliegens eines Regelbeispiels ein besonders schwerer Fall verneint wird.

Sachverhalt
 Der angeklagte Unternehmer tätigte in 2007 und 2008 durch Scheinrechnungen abgedeckte Schwarzein- und verkäufe von Telefonkarten. Hierbei hinterzog er Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 2,2 Mio. EUR. Bei einigen Taten reichten die Hinterziehungsbeträge von 19.000 EUR bis 204.000 EUR; bei weiteren Taten lag der Hinterziehungsbetrag über 100.000 EUR. Das Landgericht hat den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten auf Bewährung verurteilt. In den Entscheidungsgründen des Urteils war nicht erörtert worden, ob der Angeklagte Steuern "in großem Ausmaß" verkürzt hatte. Die Revision des Angeklagten blieb vor dem BGH erfolglos. Statt dessen entschieden die Richter, dass der Strafrahmen zugunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft war.

Entscheidung
 Das Landgericht hatte nicht geprüft, ob bei den Hinterziehungsbeträgen ab 100.000 EUR das gesetzliche Merkmal "in großem Ausmaß" gegeben war. Darüber hinaus hätte bei Bejahung dieses Regelbeispiels auch das Vorliegen eines besonders schweren Falles angenommen werden müssen. Die Umstände, die das Regelbeispiel begründen, dürfen nicht unberücksichtigt bleiben, sondern müssen im Vordergrund der Abwägung stehen. Weil das Landgericht das Regelbeispiel gar nicht erst geprüft hat, konnte es auch nicht erörtern, ob die deswegen gebotene Anwendung des erschwerten Strafrahmens durch Milderungsgründe kompensiert wurde.

Konsequenz
 Das Urteil zeigt einmal mehr die harte Vorgehensweise gegen Steuersünder. Anlässlich der Zurechtweisung des Landgerichts für die unzureichende Prüfung des Straftatbestandes und des einschlägigen Merkmals des "großen Ausmaßes" wies der BGH noch auf Folgendes hin: die Bezahlung der geschuldeten Steuer ändert nichts an der Indizwirkung der Überschreitung der 100.000 EUR-Grenze für besonders schwere Fälle. Hierbei sei bereits berücksichtigt, dass es lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs komme.

17. Gewinnvortrag und Jahresüberschuss keine nachträglichen Anschaffungskosten bei Veräußerung eines GmbH-Anteils

Kernaussage
 Gewinne aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung (> 1 %) an einer GmbH unterliegen zu 50 % (in 2004) der Steuerpflicht; Verluste ebenso. Ein Gewinn bzw. Verlust ermittelt sich aus dem Veräußerungspreis abzüglich der Anschaffungskosten. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied nun, dass der Gewinnanteil des Veräußerers einer solchen relevanten GmbH-Beteiligung preisbildender Bestandteil des veräußerten Anteils ist und etwaige Gewinnvorträge und Jahresüberschüsse den Veräußerungsgewinn nicht mindern.

Sachverhalt
 Die Parteien vereinbarten als Kaufpreis für einen zu übertragenden GmbH-Anteil den Betrag des darauf eingezahlten Stammkapitals und einer übernommenen Darlehensverbindlichkeit. Die GmbH hatte in der Vergangenheit Gewinne erwirtschaftet und diese auf neue Rechnung vorgetragen. Der klagende Verkäufer vertrat die Ansicht, dieser Bilanzgewinn stelle anteilig nachträgliche Anschaffungskosten für seinen GmbH-Anteil dar und beantragte, einen Verlust aus der Veräußerung seines Anteils zu berücksichtigen. Das beklagte Finanzamt ermittelte einen Veräußerungsgewinn. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem BFH erfolglos.

Entscheidung
 Der BFH orientiert sich in seiner Entscheidung am handelsrechtlichen Begriff der Anschaffungskosten. Er führt aus, dass das Mitgliedschaftsrecht an einem GmbH-Anteil insbesondere den Gewinnvortrag und den erzielten Jahresüberschuss, über dessen Verwendung noch nicht beschlossen wurde, umfasst. Die streitigen Bestandteile Gewinnanteil und -vortrag stellen in diesem Fall deshalb keine besonderen nachträglichen Anschaffungskosten dar, sondern unselbstständige, preisbildende Bestandteile des veräußerten GmbH-Anteils. Der Erwerber der Anteile hat den Kaufpreis gerade auch dafür bezahlt, dass mit dem erworbenen Anteil der streitbefangene anteilige Gewinnvortrag und Jahresüberschuss mit übergeht.

Konsequenz
 Mit diesem Urteil hat der BFH den Anschaffungskostenbegriff in Bezug auf vorgetragene Gewinne bei der Veräußerung eines GmbH-Anteils klar definiert. Vor einer Anteilsveräußerung sollten Überlegungen im Hinblick auf die thesaurierten Gewinne angestellt werden und diese ggf. durch Ausschüttungsbeschlüsse oder im Rahmen der Kaufpreisbemessung genutzt werden.

18. Verjährung von Ansprüchen einer GbR gegen ausgeschiedenen Gesellschafter

Kernaussage
 Der Anspruch der Gesellschaft gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter im Rahmen der Verlustausgleichshaftung (§ 739 BGB) verjährt innerhalb von 3 Jahren (§ 195 BGB).

Sachverhalt
 Die Parteien waren an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Zweck die Führung einer Gaststätte war, je zur Hälfte beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag sah unter anderem für den Fall der Kündigung durch einen Gesellschafter vor, dass das Gesellschaftsvermögen dem anderen Gesellschafter anwachsen solle. Zum 31.12.1994 betrachteten die Parteien ihr Gesellschaftsverhältnis als beendet, nachdem der Beklagte nicht mehr in der Gaststätte erschien. Die von den Parteien gemeinsam festgestellte Bilanz der GbR zum 31.12.1994 wies auf der Passivseite einen Betrag von rund 132.000 DM aus. Das negative Kapitalkonto des Beklagten betrug rund 40.000 EUR. Der Kläger führte bis zur Beendigung des Mietvertrages die Gaststätte als Einzelkaufmann weiter. Die Klage auf Ausgleich des negativen Kapitalkontos des Beklagten erhob der Kläger im Juli 2004. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab, weil der geltend gemachte Nachschussanspruch nach den Vorschriften des HGB (§ 159) innerhalb von 5 Jahren seit der Auflösung der GbR verjährt sei.

Entscheidung
 Der Bundesgerichtshof (BGH) gab wieder dem Kläger Recht. Gegenüber dem geltend gemachten Anspruch auf Ausgleich des Fehlbetrages griff die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht durch. Der Beklagte war durch konkludente Kündigung aus der Gesellschaft ausgeschieden; damit war das Gesellschaftsvermögen dem Kläger satzungsgemäß angewachsen. Im Fall einer Fortsetzungsklausel kann das Ausscheiden eines Gesellschafters zu einer Fehlbetragshaftung (§ 739 BGB) führen. Eine entsprechende Anwendung der Außenhaftung des ausscheidenden Gesellschafters bzw. der 5-jährigen Anspruchsverjährung (§§ 159, 160 HGB) kommt hingegen nicht in Betracht. Ein zeitlicher Gleichlauf von Innen- und Außenhaftung ist gesetzlich nicht vorgesehen und wegen der Unterschiedlichkeit auch nicht geboten. Für den geltend gemachten Anspruch ist daher die 3-jährige Verjährungsfrist nach dem BGB einschlägig (§ 195 BGB i. d. F. des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 1.1.2002; Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB).

Konsequenz
 Der BGH bestätigte seine Meinung und erteilte den Kritikern eine eindeutige Absage für die Annahme einer 5-jährigen Verjährungsfrist bei der Verlustausgleichshaftung. Ansprüche auf Ausgleich etwaiger Fehlbeträgen gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter sind daher frühzeitig geltend zu machen.

19. Müssen sich Betriebsratsmitglieder für jede Tätigkeit abmelden?

Kernaussage
 Ein Betriebsratsmitglied, das an seinem Arbeitsplatz während seiner üblichen Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten wahrnimmt, ist in der Regel verpflichtet, sich zuvor bei seinem Arbeitgeber abzumelden und die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen. Zweck dieser Meldepflicht ist es, dem Arbeitgeber zu ermöglichen, den Arbeitsausfall anderweitig aufzufangen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied nun, dass eine vorherige Abmeldepflicht dann nicht besteht, wenn eine vorübergehende und anderweitige Arbeitseinteilung nicht ernsthaft in Betracht kommt. Dies hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab.

Sachverhalt
 Bei der Arbeitgeberin, einem Marktforschungsunternehmen der Automobilbranche mit ca. 220 Arbeitnehmern, war ein aus 9 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gebildet worden. Dieser war, entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin, der Ansicht, seine Mitglieder treffe generell keine Pflicht, sich vor jeder Betriebsratstätigkeit beim jeweiligen Vorgesetzten abzumelden. Der Betriebsrat begehrte die diesbezügliche gerichtliche Feststellung mit der Begründung, das einzelne Mitglied müsse selbst entscheiden können, ob die ausgefallene Arbeit nachgeholt werden könne. Bei lediglich kurzen Arbeitsunterbrechungen sei eine Abmeldung überhaupt nicht geboten. Der Betriebsrat unterlag mit dem Feststellungsantrag in allen Instanzen.

Entscheidung
 Das BAG wies den im Übrigen zu weit gefassten Antrag mit dem Hinweis ab, die umstrittene Abmeldepflicht eines Betriebsratsmitglieds könne weder generell verneint noch bejaht werden. Hier hänge es immer von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab. Die Meldepflicht des Betriebsratsmitglieds diene gerade dazu, dem Arbeitgeber die Organisation des Betriebsablaufs zu ermöglichen und den Arbeitsausfall anderweitig aufzufangen. In diesem Zusammenhang seien insbesondere die Art der Arbeitsaufgabe des Betriebsratsmitglieds und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunterbrechung von Relevanz. Komme daher eine vorübergehende Umorganisation der Arbeit nicht in Betracht, entfalle auch die Meldepflicht. Das BAG wies ferner darauf hin, dass ein Betriebsratsmitglied bei unterlassener Abmeldung verpflichtet ist, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen nachträglich die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum geleisteten Betriebsratstätigkeit mitzuteilen.

Konsequenz
 Generelle Klarheit bringt das Urteil wegen der Erforderlichkeit einer jeweiligen Einzelprüfung nicht. In Zweifelsfällen sollte daher möglichst vor der Betriebsratstätigkeit eine Abmeldung beim Vorgesetzen erfolgen.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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